Für eine Ganzheitliche Spiritualität!
Warum diese Betonung auf ganzheitlich? Ist das nicht jede echte Spiritualität? Meine spirituelle Suche hat mich früh nach Indien geführt, wo ich 1980 Osho begegnete. Danach war meine Form der Meditation lange Zeit von Osho und Vipassana geprägt. Später, nach Oshos Tod interessierte mich die damals aufkeimende Advaita Bewegung.
In all dieser Zeit gab es zwei Fragen, die mich nicht in Ruhe ließen.
Zum einen: Da war diese stets präsente Dimension von reinem Bewusstsein, in die ich immer entspannen konnte. Und da war das Ego, laut Osho und anderer Meister eine Illusion, die nur Leiden erzeugte und durch Trennung aufrecht erhalten wurde. Das klang logisch und entsprach auch meiner Erfahrung; aber trotzdem blieb eine Frage übrig. Ich erlebte deutlich so etwas wie meine Individualität, etwas wie ein Zentrum, von dem aus ich lebte und meine Schritte steuerte. War das auch das Ego oder war das so etwas wie ein natürliches Zentrum meiner Seele?
Zum anderen war da das Thema der Gefühle. Ich hatte durch meine Arbeit ein neues Verständnis unserer Gefühle entwickelt; ein Verstehen vom Standpunkt der Seele aus, durch das sich alle Gefühle in ihrer wahren Natur offenbarten, mit ihrer innewohnenden Intelligenz und jedes auf seine Art genießbar. Ich erlebte an mir und meinen Schülern wie sinnvoll und stimmig das war. Und die irritierende Frage kam auf, warum die modernen spirituellen Meister, Osho inclusive, so wenig brauchbares zu diesem Thema zu sagen hatten.
Schließlich wurde mir klar, dass den meisten modernen spirituellen Strömungen (inclusive dem Buddhismus) eben genau das fehlt: Ein fruchtbares Verständnis unserer Gefühle. Deshalb denken diese Richtungen, dass das Leiden vom Wünschen und Anhaften kommt, deshalb bleibt ihnen nichts anderes übrig, als die beobachtende Distanz zu unseren Gefühlen zu empfehlen, und deshalb wird vieles, was zur natürlichen Dynamik unserer Seele gehört, als Ego abgetan.
Es entsteht so eine einseitige Spiritualität die inneren Frieden und Erleuchtung sucht, indem sie sich der eigenen Lebendigkeit entzieht; eine Spiritualität, die schon im Ansatz weltflüchtig ist (“Alle Erscheinungen sind illusionär, Maya”). Eine Spiritualität, die so den heutigen Herausforderungen nicht gewachsen ist.
Ganzheitliche Spiritualität bezieht das Leben mit ein
Wir brauchen eine Spiritualität die versteht, dass das Göttliche (das Eine oder wie man es nennen will) nicht nur universelles Bewusstsein ist, nicht nur alles umfassende Formlosigkeit, Leere und Präsenz. Das Göttliche ist eben nicht nur pures Potenzial, sondern auch dessen Manifestation. Sonst wäre es nur die Hälfte des Ganzen.
Dass sich das Göttliche in der Schönheit, harmonischen Ordnung und Intelligenz der Natur manifestiert, ist noch leicht zu akzeptieren. Dass es sich auch in unserer menschlichen Natur manifestieren will und sich dazu in unseren Gefühlen bewegt, schon schwieriger.
Sind wir nicht mit solch negativen Gefühlen wie Wut, Angst und Trauer geschlagen? Ist es nicht gerade eine spirituelle Aufgabe sich davon zu lösen? Genau das ist die Schwäche der bisherigen meist aus dem fernen Osten importierten Spiritualität.
In verkürzter Form gesagt:
Die Art wie wir diese Gefühle erleben hat nichts mit ihrem wahren Wesen zu tun, sondern ist dem kulturellen Konzept der “negativen” Gefühle geschuldet, das uns prägt und in der Trennung von unserer menschlichen Natur gefangen hält.
Es ist kein Wunder, dass unsere Gefühle, so wie alles andere in der Natur auch, einer inneren Intelligenz und Gesetzmäßigkeit folgen. Alle sogenannten “negativen” Gefühle sind Regungen innerer Seelenkräfte, die in Bewegung geraten sind um äußere Herausforderungen zu verarbeiten und zu beantworten. Wie zu beantworten? Gemäß Ihrer inneren Qualität. Woher stammt diese Qualität? Aus dem Seelenursprung, dem Göttlichen.
Ja, gerade in diesen Seelenkräften will sich Göttliches manifestieren: In unserem Sinn für Verbundenheit, die Liebe; in unserem Sinn für Selbstausdruck, die Kreativität. Und ja, in unserem Sinn für Würde und Selbstachtung regt sich die Erinnerung an unseren göttlichen Ursprung.
Wir kommen als vollständige Seelen auf die Welt, mit allen notwendigen Kräften und Fähigkeiten ausgerüstet. Allerdings nur als Potenzial. So kommen wir mit dem Potenzial zu bedingungsloser Liebe, können aber nur in dieser Richtung reifen, wenn wir Herausforderungen wie Trennungen und die dadurch entstehende Trauer positiv verarbeiten können. So kommen wir mit dem Potenzial, uns selbst und alle Lebewesen in unserem göttlichen Ursprung zu würdigen, können aber nur in diese Richtung reifen, wenn wir die Wut über Ungerechtigkeit und Erniedrigung entsprechend würdigen und positiv umsetzen können.
Das Problem: Unser kulturell verankertes Konzept von den “negativen” Gefühlen verhindert, dass unsere Seelenkräfte voll ausreifen können und blockiert die Kräfte, die sonst die unmenschlichen Zustände auf unserem Planeten korrigieren könnten.
Wir brauchen eine Spiritualität die uns von dem Konzept und dem Erleben der “negativen” Gefühle befreit und die darin verborgenen Kräfte freisetzt, um eine menschlichere und harmonischere Lebensweise auf diesem Planeten durchzusetzen. Es ist höchste Zeit.
Ganzheitliche Spiritualität in der Praxis
Es gibt einen innigen Zusammenhang zwischen Meditation und Gefühlen. Wenn wir unsere Gefühle unter Kontrolle halten müssen, entsteht eine Kontroll-Instanz, die wir für unser Ich halten und durch ständige Anspannung und innere Tätigkeit aufrecht erhalten. Unter diesen Bedingungen ist es äußerst schwierig, ins pure Da-Sein zu entspannen.
Wenn wir unsere Gefühle frei fließen lassen können, setzt uns das frei in unsere Mitte zu entspannen. Und: Je mehr wir in unsere Mitte entspannen, desto freier können unsere Gefühle fließen.
Ich biete Einweisung und Begleitung bei einer Praxis, die Emotionale Integration und Meditation verbindet. Für weitere Information einfach eine Email an mich schreiben:
Weiterführende Links:
Ein ausführliches Ebook zum Thema Gefühle:
> Negative Gefühle verstehen …
Ganzheitliche Spiritualität in Form einer Geschichte plus Gedicht
> Wer bin ich? Oder wie oder was? …
Lieber Demian,
nachdem ich die Texte auf Deiner Homepage gelesen habe, mache ich mir Gedanken, ob ich das, was Du geschildert hast, in diesem Leben noch erreichen kann.
Zwischen meinem 40. und 45. Lebensjahr habe ich begonnen an mir zu arbeiten und verschiedenste Seminare und Therapien gemacht. Dabei habe ich dann erkannt, dass das womöglich ewig so weitergeht, und die Lösung nur in der Aufgabe des “Ichs” liegt. Deswegen habe ich mich einer Mysterienschule angeschlossen, bei der ich 12 Jahre lang war. Ich glaubte, wenn ich mich Gottes Willen hingebe, wird die göttliche Kraft alles auflösen.
Deine Arbeit klingt natürlich auch ganz logisch und einleuchtend.
Ist die Ganzheitliche Spiritualität jetzt eine Neuauflage der Therapien? Was ist an der Ganzheitlichen Spiritualität anders?
Liebe Grüße
Isolde
Liebe Isolde,
Tatsächlich geht es vielen von uns so: Nach einer Zeit der Therapien und der “Aufarbeitung” kommen wir an einen toten Punkt an dem wir uns sagen: “Womöglich geht das ewig so weiter, immer wieder gibt es ein neues Thema zu bearbeiten, wie bei einer Mühle, die sich unendlich im Kreise dreht.” Und dann klingen natürlich die Aussagen von Satsang- und Advaita-Lehrern wie die tiefere Wahrheit, wenn sie sagen, dass das Leiden durch die Illusion des Ichs entsteht und es logischerweise nur darum geht, davon los zu lassen.
Das ganze funktioniert nur deshalb nicht gut, weil hier entscheidende Lücken klaffen. Das beginnt bei den Therapien. Die sagen Dir in verschiedenen Variationen: “Die Ursache deines Leidens liegt in schmerzhaften Kindheitserfahrungen und darauf beruhenden Blockaden und Mustern. Du musst diese Kindheitserfahrungen aufarbeiten, dann werden sich die Blockaden auflösen und du wirst ein erfüllendes Leben führen können.” Die meisten Therapiemethoden weisen hier einen blinden Fleck auf und können so ihrer eigentlichen Aufgabe nur sehr begrenzt nachkommen.
Die Ursache unseres emotionalen Leidens liegt NICHT in unseren schmerzlichen Erfahrungen, sondern vielmehr in einer Kultur, die bestimmte Gefühle zu negativen Phänomenen erklärt. Das ist die tatsächliche Ursache dafür, dass wir unsere schmerzhaften Erfahrungen noch nicht verarbeitet haben, das trennt uns von wichtigen Anteilen unserer selbst, und das verlangt von uns, dass wir eine Kontroll-Instanz aufrecht erhalten, die wir für unser “Ich” halten. Solange wir uns nicht vollständig vom Konzept der “negativen” Gefühle und der davon geprägten Einstellung und Erfahrung lösen, bleibt Therapie Stückwerk. Erstens ist es so nur sehr schwer möglich auf der gefühlsmäßigen Ebene vollständige Heilung und Integration zu bewirken; und zweitens werden wir weiterhin im Zwiespalt mit uns selbst leben, weil wir ja weiterhin “negative” Gefühle in uns erleben und sie weiterhin kontrollieren und unterdrücken müssen.
Eine weitere Lücke besteht bei den verschiedensten spirituellen Richtungen, vor allem bei der Satsang- und Advaita-Szene. Sie haben kein organisches Verständnis der Seele und missverstehen deshalb vieles, was zur Dynamik der Seele notwendig dazu gehört, als Ego. Ganzheitliche Spiritualität lässt dich auf allen Ebenen Präsenz zurück gewinnen: Auf der Ebene des Körpers, der Seele und in der Dimension des universellen Bewusstseins. Auf natürliche und eben ganzheitliche Weise. Je eher Du damit anfängst, desto eher kommst Du in den Genuss davon ;–)
mir fällt nach dem Lesen deiner Texte und dem Kommentar von Isolde eine Begegnung ein, bei der es um die Frage des “Loslassen könnens” ging. Mein Gegenüber fragte mich (nach meinem Eindruck nah an der Verzweiflung) “wie geht Loslassen?”
Ich bat ihn, meine Hände zu fassen, zu halten und anschliessend wieder loszulassen……… Die Verblüffung in seinem jetzigen Ausdruck war für mich grenzenlos und dieses Bild taucht hin und wieder in meiner Erinnerung auf.
Heute erkenne ich darin mehrere Dinge:
1. Es ging gar nicht darum, “loslassen zu müssen”
2. Ich hatte gar nicht verstanden, worum es ihm wirklich ging
3. Wahrscheinlich habe ich ihm trotzdem “helfen” können weil ich ihm etwas klar demonstriert hatte was ich zwar selbst nicht verstanden aber “irgendwie erspürt” hatte, dass es jetzt genau so richtig wäre.
4. heute fange ich an zu verstehen, dass es nicht darauf ankommt, sich von etwas “zu trennen”, sondern darauf, möglichst viel wieder in sich zu integrieren, heisst, die Gefühle, die ich habe zu akzeptieren, wenn möglich bei ihnen zu sein, sie anzunehmen und liebevoll zu würdigen um sie dann “gehen lassen” oder besser “sich verändern lassen” zu können.
Liebe Grüße
Ute
……die Gefühle, die ich habe zu akzeptieren, wenn möglich bei ihnen zu sein, sie anzunehmen und liebevoll zu würdigen um sie dann “gehen lassen” oder besser “sich verändern lassen” zu können……..oder auch nicht…………
………..besser für “oder auch nicht”: “oder sein lassen” zu können!!!!
Genau. Wir können sie so sein lassen wie sie sind, weil es nichts negatives in unseren Gefühlen gibt. Alle bereichern uns auf ihre Art. Und sie von dieser Warte aus zu verstehen ist der Schlüssel dafür, dass wir alle unsere Gefühle annehmen und in ihrer Eigenart genießen können.
Liebe Ute, Du schreibst:
Genau das ist der Punkt. Das einzige was es loszulassen gilt ist die Ablehnung unserer Gefühle. Und das Gute ist, dass wir sie dann gar nicht gehen lassen müssen. Auch verändern müssen sie sich nicht. Sie vollenden einfach ihren natürlichen Ablauf, bereichern uns auf ihre Art und wir sind integriert und mit all unseren Anteilen in Kontakt. Mehr dazu hier…
Hallo Demian und liebe Leute die das lesen,
ich möchte an dieser Stelle meine Erfahrungen und die Fragen, die mich zu diesem Thema bewegen, zum Ausdruck bringen. Erst einmal vielen Dank, lieber Demian an Dich, für das was Du Dir zur “Lebensaufgabe” gemacht hast, Du hilfst damit vielen Menschen, die von den vielen ” Heilern” und Methoden völlig verwirrt und verrückt gemacht werden. Ich möchte niemanden kritisieren und zu Nahe treten, aber bei den meisten hat man das Gefühl, dass man anders sein müsste als man ist. Demian beschreibt, wie man mit seiner Wut oder Angst leben kann, mehr noch, er zeigt einen Weg diese Gefühle zu nutzen und wie sie mir in meiner Entwicklung helfen können. Das ist sehr wichtig, denn was mir “wirklich” hilft, kann doch unmöglich schlecht sein. Menschen die Glauben das sie schlecht sind, nur weil sie soviel Wut mit sich herumschleppen, können sich sofort besser fühlen und die der Wut zu Grunde liegenden Engie für sich und für andere nutzen. Freilich ist das alles leicht gesagt und viele Fragen und Zweifel werden dabei wach, aber es lohnt sich einfach mal neue Wege zu gehen. Wohin uns, und die ganze Menschheit, diese alten Wege gebracht haben, weiß jeder selbst. Wenn ich mich für meine Gefühle nicht mehr schämen und sie nicht mehr unterdrücken muss, kann das so befreiend sein, dass man glaubt ein anderer Mensch zu sein. Und man ist auch ein anderer Mensch, nämlich DU selbst! Das fühlt sich sehr schön an, aber nicht nur schön, denn in unserer Gesellschaft werden Menschen die sie selbst sind nicht geduldet. Es ist also eine schwierige Aufgabe beiden gerecht zu werden, oder ich muss ein perfekter Schauspielen sein, das wiederum werden nicht alle gleichermaßen können!? Auch diese Frage bleibt bei den meisten sogenannten “Heiligen” unbeantwortet: Was ist wenn ich mich so sehr verändert habe, dass mein Umfeld mich so nicht mehr akzeptiert?? Muss ich mich allein irgendwo hin zurückziehen und darf dort die “Lorbeeren” meiner Entwicklung genießen? Oder was ist wenn mich mein Partner verlässt, weil er sich nicht in die gleiche Richtung entwickelt hat wie ich und ich ihm fremd geworden bin. Natürlich kann man jetzt sagen: Der falsche Partner und das falsche Umfeld, aber ist das wirklich die Lösung???
Viele liebe Grüße Uwe.
Hallo, es scheint so als ob sich hier auf dieser Seite nichts mehr bewegt, schade, denn ich finde es sehr interessant, was man hier lesen kann.
Gruß uwe